Wandern, wo Bayern spitze ist.

Wandern, wo Bayern spitze ist.

Der »Spitzenwanderweg« führt als abwechslungsreicher Rundwanderweg Brauereien auf 200 km durch die Vielfalt der Zugspitz Region – wo Bayern spitze ist.
[Wanderbares Deutschland 2015]

DER SPITZENWANDERWEG verbindet die schönsten Ecken der Zugspitz Region auf einer rund 200 Kilometer langen Runde: Das Blaue Land, der Naturpark Ammergauer Alpen, das ZugspitzLand, Garmisch-Partenkirchen, Grainau und die Alpenwelt Karwendel. Am Weg liegen die Schlösser von König Ludwig II, wilde Schluchten, Wasserfälle und glasklare Bergseen. Zahlreiche Berg- und Kirchturmspitzen ragen in den weiß-blauen Himmel auf und Spitzengenüsse warten auf hungrige Wanderer.

DER GESCHMACK DER BERGE macht das kulinarische Erlebnis auf den Hütten und in den Gasthöfen rund um die Zugspitze zu einem besonderen Genuss. Der Spitzenwanderweg kommt an landwirtschaftlicher Viehhaltung in reiner Natur vorbei. Produkte wie Ettaler Käse, Lamm von den Kräuterwiesen, Wild aus den Wäldern oder Fleisch vom Murnau-Werdenfelser Rind kommen auf den Teller. Dazu passt hervorragend ein frisches Glas Milch heimischer Bauern oder eines der fünf lokalen Biere: Mittenwalder Bier, Karg Bräu, Ettaler Klosterbier, Griesbräu und Maxbräu.

WELCHE RICHTUNG? Wie man den Spitzenwanderweg wandert, ist Geschmacksache. Wer den Weg in einem Stück wandern möchte, beginnt am Besten in Murnau – der staatlich anerkannte Luftkurort mit seinen zwei Brauereien ist leicht per Bahn ab München erreichbar. Die beste Laufrichtung ist laut den Einheimischen im Uhrzeigersinn. Dabei öffnen sich die schönsten Ausblicke auf die Berge und Seen. Gesagt, getan geht es zum Auftakt angenehm flach vom »Blauen Land« durchs Loisachtal in Richtung Berge. Ohlstadt, Eschenlohe, Oberau und Farchant liegen am Weg und bieten immer wieder Gelegenheiten zur Einkehr. Die Sieben Quellen sind ein eindrucksvolles Naturschauspiel. Hier stößt eine wasserführende Schicht am Fuße des Estergebirges ans Tageslicht. Gewaltige Mengen Wasser in schillernden Blauund Grüntönen ergießen sich dabei in das Pfrühlmoor und bilden funkelnde Mooraugen. Selbst an heißen Sommertagen ist das Wasser eiskalt. Ein idealer Platz zum Picknicken.

DIE KUHFLUCHTWASSERFÄLLE lohnen einen Abstecher ab Farchant. Wuchtig stürzt das Wasser aus dem Estergebirge hier ins Tal, bildet Kaskaden, staubt auf, donnert und tost. Am Fuß des Wank lohnt ab Partenkirchen ein weiterer Abstecher zum Gschwandnerbauer. Der Bergbauernhof mit Wirtschaft ist nicht nur weithin für seine gute Küche bekannt – auch die herrliche Aussicht aufs Zugspitzmassiv ist ein echter Genuss. Der Rückweg kann dann entweder entlang der Schalmeischlucht oder über die »Hacker-Pschorr-Hängebrücke« und »Josefibichl« zurück nach Partenkirchen führen.

TOSENDES WASSER gibt auch südlich von Garmisch-Partenkirchen den Ton an. Wenige Gehminuten nach dem Skisprungstadion taucht der Spitzenwanderweg in die Unterwelt ein. Die Partnach hat auf ihrem Weg vom Zugspitzplatt ins Tal eine eindrucksvolle Klamm mit himmelhohen, bis zu 80 Meter senkrecht aufstrebenden Wänden in den Fels gegraben. Darüber baut sich der Eckbauer auf. Zwar nur 1237 Meter hoch, dafür die erste Spitze am Weg – und zudem mit einem phänomenalen Panoramablick am Weiterweg über den Wambergrücken und die Elmauer Alm ins Isartal gesegnet: links begrenzt der Wetterstein den Horizont, rechts schimmern Barmsee, Grubsee und Tennsee.

GENUSS FÜR DIE SINNE. Von Krün und Wallgau geht es ein gutes Stück hinauf zur Fischbachalm und auf dem teils drahtseilgesicherten Lakaiensteig zum Soiernhaus. Der wilde Weg durch die verwegen zerrissene Bergflanke der Schöttelkarspitze war einst die Abkürzung der Dienerschaft. König Ludwig II. ließ sich dagegen in einer Sänfte hinauf tragen. Die tiefe türkis-blaue Farbe der Seen begeisterte den Monarchen so sehr, dass er hier sein königliches Jagdhaus errichten ließ. Man kann es leicht nachvollziehen. Gejagt hat er hier oben jedoch nie – er hat vielmehr die Natur genossen, ja die Jagd sogar strikt abgelehnt. Die Gämsen werden es ihm gedankt haben. Mit etwas Glück zeigen sie sich auch mal direkt am Weg. »Für zahllose Menschen wird eine Zeit kommen, in der sie sich nach einem Lande sehnen und zu einem Fleck Erde flüchten, wo die moderne Kultur, Technik, Habgier und Hetze noch eine friedliche Stätte weit vom Lärm, Gewühl, Rauch und Staub der Städte übriggelassen hat« soll der »Kini« einst gesagt haben. Recht hat er! Die Ruhe und Abgeschiedenheit zu Füßen der Soiernspitze und Schöttelkarspitze ist magisch. Beide Gipfel lassen sich übrigens auf Bergwegen leicht erreichen – oder auf einem elektrisierenden Gang entlang des Kamms über Feldernkopf und Reißende Lahnspitze miteinander verbinden.

MITTENWALD ist Ausgangspunkt für den Aufstieg ins Wettersteingebirge. Nach dem kurzen Durchatmen in den Buckelwiesen des Isartals wird es wieder alpin. Vom Geigenbauerdorf gewinnt der Spitzenwanderweg allmählich an Höhe, passiert erst den grünen Lautersee, dann den blauen Ferchensee. Ziel ist das Schachenschloss – noch so ein königlicher Bau inmitten der Berge. Einer Fata Morgana gleich thront das Berghaus in 1885 Metern Höhe wie ein Adlerhorst auf einem Felskopf. Beim Betreten baut sich ein bizarrer Spannungsbogen zwischen rauer Hochgebirgswelt und verspielter Inneneinrichtung auf. Im prunkvollen Saal vermischen sich Rot, Blau und viel, viel Gold zu einem faszinierenden Farbenspiel. Im benachbarten Schachenhaus bringt Schachenwirtin Marianne Leitenbauer typisch bayerisches aus hofeigenen und regionalen Produkten auf den Tisch.

RICHTIG ALPIN wird es dann beim Abstieg zur Bockhütte. Das ist Wetterstein pur. Unten rauscht die Partnach ihrer Klamm entgegen. Die Zugspitze grüßt am Horizont. Gegenüber verleitet der Jubiläumsgrat zum Spitzen zählen und über den Köpfen reiht sich eine berühmte Kletterwand an die nächste. In der winzigen Oberreintalhütte – nicht weit vom Weg – geben sich seit 1921 die Klettergrößen ihrer jeweiligen Generation die Klinke in die Hand. Jenseits der Partnach rückt dann die Alpspitze in den Blickpunkt. Das Wahrzeichen des Wettersteins ist neben der Zugspitze das begehrteste Ziel der gemäßigten Bergsteiger. Gleich drei Klettersteige erschließen den dreieckig geformten Gipfel über Kreuzeck und Osterfelderkopf.

AB IN DIE HÖLLE. Weniger alpine Wanderer bevorzugen vielleicht die Talfahrt mit einer der Bergbahnen – verpassen aber dann einen der landschaftlichen Höhepunkte des Spitzenwanderwegs. Auf den Spuren der Knappen gehts auf bestens ausgebauten Bergwegen hinab ins Höllental. Unterm Hupfleitenjoch wurde schon im Mittelalter Eisenerz gewonnen, im Höllental baute man im 18. Jahrhundert Blei und Zink ab, später dann Molybdän. Zu sehen sind davon heute nur noch die historischen Knappenhäuser am Weg zur neuen Höllentalangerhütte – dem legendären Zwischenziel vieler Zugspitzaspiranten. Deutschlands höchsten Berg im Rücken muss man dann durch die Hölle gehen – es gibt keinen anderen Weg hinaus ins Tal nach Grainau: die Höllentalklamm ist die wohl wildeste, schönste und lauteste Klamm der Bayerischen Alpen. Die Wucht des Wassers in dem engen Felsschlund ist einzigartig eindrucksvoll.

KANADA liegt nur eine knappe Stunde südlich von München – könnte man meinen. Zumindest kommt der Gedanke an die Berge der Rockys immer wieder in den Sinn, wenn man auf der Via Alpina von Grainau nach Graswang wandert. In der wunderbaren Bergeinsamkeit des Naturparks Ammergauer Alpen leben Hirsche, Gämsen und Steinböcke. Am Himmel kreisen Adler. Ab und an ist das Rufen der Auerhähne zu hören. Das ist Wildnis pur, in der man vieles erwartet, aber nicht, urplötzlich auf einen royalen Palast zu stoßen. Ziel der langen Etappe ist Schloss Linderhof, das Lieblingsschloss von Ludwig II. Eigentlich wollte der Bayerische Märchenkönig im romantischen Graswangtal sein kleines Versailles bauen lassen. Doch der Platz reichte nicht aus und so entstand ein Schmuckstück im Stil des französischen Rokoko, ausgestattet mit allerlei technischen Finessen. Darunter das »Tischlein-Deck-Dich«, das sich mit frisch angerichteten Speisen aus dem Boden erhob und wieder in der Versenkung verschwand. Alljährlich am 25. August wird hier, wie überall in den Ammergauer Alpen, dem König mit zahlreichen Feierlichkeiten und Sonderveranstaltungen zum Geburtstag gratuliert. Besonders stimmungsvoll sind die Ludwigfeuer.Am Vorabend des Geburtstags werden sie an den Berghängen entzündet.

ZWEI STUNDEN AUFSTIEG sind es zum Pürschling. Hier lockt zwar kein Spitz, dafür der Teufelstättkopf als leichtes Gipfelziel. Darunter, am nahen August-Schuster-Haus des DAV lockt eine große Sonnenterrasse zur Rast. König Max II. hatte hier ein Jagdhaus und der Märchenkönig war natürlich als Kind auch schon oben am Pürschling. Am Abstieg nach Unterammergau lohnt es sich der offiziellen Route kurz untreu zu werden. Ein spannender Steig zieht hier durch die Schleifmühlklamm talwärts. Einst wurden hier mit Hilfe der Wasserkraft Wetzsteine zum Schärfen von Sensen und Sicheln hergestellt. Die Qualitätsprodukte aus dem Ammertal wurden seinerzeit bis Russland, Italien oder Ungarn transportiert. Heute steht die Region für ihren guten Käse und das Bier der Klosterbrauerei Ettal. Beides lässt sich ebendort verköstigen – das Bier im Klosterbräustüberl, den Käse in der benachbarten Schaukäserei. Wer sich noch tiefergehend für die Geschichte der Wetzsteinmacher interessiert, schaut im Dorfmuseum Unterammergau vorbei. Wetzsteinmacherei, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Textilverarbeitung, Archäologie und Ortsgeschichte stellen die Schwerpunkte des kleinen Museums dar. Die aus den aufgelassenen Steinbrüchen und den abgebrochenen Schleifmühlen erhaltenen Arbeitsgeräte sind hier ebenso ausgestellt, wie Wetzsteine in verschiedenen Arbeitsschritten der Herstellung. Ein Modell einer Mühle verdeutlicht die einzelnen Arbeitsvorgänge.

DIE DREI HÖRNLE-GIPFEL sind die letzten Bergspitzen am Spitzenwanderweg und stellen wieder den Anschluss ans Blaue Land her. An ihre Ausläufer schmiegt sich ein stilles Künstlerland am Nordrand der Alpen an. Idyllische Badeseen unter weiß-blauem bayerischen Himmel, die stimmungsvolle Färbung der Landschaft und die leuchtend blau blühenden Schwertlilien im Murnauer Moos begeistern nicht nur Künstler. Faszinierend ist auch die tiefblaue Farbe der Seen, in deren klaren Wasser sich die Berge spiegeln. Wo früh am Morgen noch Nebelschleier durch die völlige Stille gleiten, ist die Luft mittags von Vogelgezwitscher erfüllt. Die Landschaft mit ihrer vielbeschworenen bayerischen Gemütlichkeit bildet den Rahmen für den Schlussakkord des Spitzenwanderwegs. Der Staffelsee wird im Uhrzeigersinn umrundet. An seinem Nordende in Uffing bietet sich dann die Möglichkeit den Spitzenwanderweg mit einer gemütlichen Schifffahrt zu beenden. Zurück in Murnau stößt man dann mit einem kühlen Bier aus einer der beiden heimischen Brauereien auf den Spitzenwanderweg an.

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