[Südkurier, Mai 2019] Die Winterstaude ist ein Berg, der sich zu wehren weiß. Eigentlich sieht der langgezogene Grat zwischen den Talschaften von Andelsbuch und Bezau harmlos aus. Ein idealer Wanderberg mit einer ausgesprochen reichen Bergblumenvielfalt an seinen grünen Flanken. Zur seltenen Flora zählen Milchweißes Mannsschild, Fransen-Sandkraut oder Alpen-Hornkraut. Knackpunkt der Tour ist der „Hasenstrick“, wo sich der sonst breite Kamm zu einer schmalen, felsigen Schneide zusammenschnürt. Die gilt es zu überwinden. Einen anderen Weg gibt es nicht. Was für die einen eine willkommene Abwechslung auf der sonst einfachen Bergtour ist, treibt weniger geübten Wanderern den Schweiß auf die Stirn. Der Gang über den Grat ist bestens mit Handlauf und Tritten gesichert. Wer aber angesichts der links und rechts steil abfallenden Bergflanken wacklige Knie hat, freut sich über die Stongerhöhe. Der breit gelagerte Gipfel hat nicht nur ein schönes großes Gipfelkreuz, er bietet auch eine ähnliche Panoramarundschau wie die Winterstaude.
Über den Hasenstrick. Die Wanderung beginnt bequem mit einer Seilbahnfahrt von Bezau zur Bergstation Baumgarten. Ein breiter Weg zieht zur Niedere hinauf, setzt sich anfangs noch am breiten, aussichtsreichen Bergrücken fort und erreicht mit rot-weißer Markierung über Wurzelwege durch lichten Bergwald die Stongerhöhealpe. Jetzt wird’s anstrengend. Der Anstieg zum gleichnamigen Gipfel ist ein einfacher Wiesenpfad, zieht aber ziemlich direkt über steile Südhänge in die Höhe. Gut, wer an sonnigen Tagen hier früh unterwegs ist. Oben zeigen ein Wegweiser und jetzt weiß-blaue Tupfen den Weiterweg an. Insider wissen Bescheid: es folgt ein schwieriges Wegstück. Die Markierungen in Vorarlberg geben auch den Schwierigkeitsgrad der Wege wieder: Gelb-weiß kennzeichnet einfache Tal- und Almwanderungen. Bergwanderungen sind rot-weiß, alpine Bergwanderungen – bei denen auch mal die Hände benutzt werden müssen – blauweiß markiert.
Auf der Gratschneide. Erste steil abfallende Passagen werden passiert, dann endet der Weg scheinbar auf einem nach drei Seiten steil abfallenden Felskopf. Wie weiter? Drahtseile geben die Richtung vor: linkshaltend abwärts. Ein paar Tritteisen helfen über den Steilabbruch hinweg. Dann geht es direkt auf der Gratschneide, ein Felstürmchen umgehend, zum nächsten luftigen Felskopf. Auch hier leiten wieder Sicherungen einige Meter hinab. Der restliche Aufstieg ist steil aber harmlos.
Panorama der Extraklasse. Auf der Winterstaude ist Zeit zum Durchatmen und für eine lange Rast mit grandioser Rundsicht. Immerhin steht man auf einem der meistgerühmten Aussichtsberge weit und breit. Rundum breitet sich der gesamte Bregenzerwald aus. Im Norden glänzt der Bodensee vor dem Linzgau und den Hügeln Oberschwabens. Die Allgäuer Voralpen zwischen Nagelfluhkette und Hoher Ifen sind ebenso zum Greifen nah wie First und Hoher Freschen gegenüber. Im Süden reiht sich Gipfel an Gipfel, von der Zugspitze über den Allgäuer Hauptkamm zum Lechquellgebirge und ins Rätikon. Rechts des kecken Horns der Damülser Mittagspitze leuchten die Gletscherberge der Glar¬ner Alpen. Jenseits des Alpenrheintals baut sich der Alpstein mit Altmann und Säntis als höchste Erhebungen auf. Die Winterstaude ist ein herrlicher Platz zum in die Ferne schauen. […]
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