[Südkurier, 14. Mai 2019] Der Hotzenwald liegt abseits der üblichen Touristenströme im Schwarzwald. Seine mitunter unergründlich tiefen und wilden Täler umgibt noch immer eine herrliche Waldeinsamkeit. Oben, wo sich weite Wiesenhänge sanft von Tal zu Tal schwingen, begeistert an schönen Tagen eine freie, unverstellte Aussicht zu den Alpen. Das Panorama ist unfassbar, im wahrsten Sinne des Wortes. Bei klarer Luft fällt der Blick auf unzählige Berge über dem Dunst des Schweizer Mittellandes: vom Säntis zum Mont Blanc, zur Jurakette und zu den Vogesen.
Sagenland über dem Rhein. Hotzenwald – schon der Name klingt nach Geheimnissen. Und tatsächlich, die Region zwischen Hochschwarzwald und Hochrhein ist ein Landstrich voller Geschichten. Viele sind wahr, so manche gehören eher ins Reich der Sagen und Legenden. Wer in Wehr startet, wandert zum Auftakt auf dem Sagenpfad zur Burg Werrach. Dreizehn Stahlreliefs des Rheinfelder Künstlers Willi Raiber visualisieren entlang der Route farbenfroh die Geschichten über Erdmännlein und Rheingeister oder erzählen vom Bärenfels. Die einst stolze Burg, 1356 durch das große Basler Erdbeben zerstört und im Dreißigjährigen Krieg endgültig in Schutt und Asche gelegt, markiert das Ende dieser Wanderung. Durch die verfallenen Mauern geistert Ritter Kuno als ziegelroter Kater. Boshaft und grausam sei er gewesen und wurde von den Wehrern als „Lütplager“ zum Teufel gewünscht. Ganz im Gegenteil zum einstigen Burgherr der liebevoll „Schlössle“ genannten Burg Werrach: Walther von Klingen blieb als spendabler Ritter und Minnesänger im Gedächtnis. Seine Liebeslyrik ist in acht Liedern in der Codex Manesse, der wichtigsten deutschen Liederhandschrift des Mittelalters, überliefert. Fundamente des 1256 von ihm gestifteten Klosters Klingental sind noch unter der Wehrer Wolfgangskapelle erhalten.
Auf dem Pirschweg zur Wuhr. Die einzige anstrengende Steigung der Wanderung, die wegen ihrer Länge auch auf zwei Rundtouren aufgeteilt werden kann, führt von Burg Werrach zum Klingenfelsen. Das weit hervorspringende Felsriff am Knotenpunkt der beiden Wegschleifen teilt den sonst dichten Wald und gibt den Blick frei auf die Dächer von Wehr. Noch besser ist die Aussicht vom südlich gelegenen Solfelsen. Der seltsam rund geformte Felsblock wird über den schönen Pirschweg erreicht. Parallel dazu verläuft eine alte, längst verfallene Befestigungsanlage, die immer mal wieder als Trockenmauer im Wald zu sehen ist. Zwischen 1550 und 1794 diente der Schutzwall als „Hauensteiner Landletze“ dem einstigen habsburgischen Hoheitsgebiet im Südschwarzwald als Schutz vor feindlichen Einfällen.
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